Erschöpfungsgrundsatz im Urheberrecht: Was besagt dieser?

Von Nicole P.

Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Das Urheberrecht räumt den Schöpfern von Werken weitreichende Befugnisse ein, allerdings gelten gleichzeitig in vielen Bereichen auch Einschränkungen. Um etwa den Weiterverkauf von rechtmäßig erworbenen Werken bzw. dessen Vervielfältigungen zu ermöglichen, gibt es den sogenannten Erschöpfungsgrundsatz.

Was besagt der Erschöpfungsgrundsatz? Dieser Ratgeber liefert die Antwort.
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FAQ: Erschöpfungsgrundsatz

Was ist der Erschöpfungsgrundsatz?

Beim Erschöpfungsgrundsatz handelt es sich um eine Rechtsregel für geistiges Eigentum. Demnach „verbrauchen“ sich bestimmte Schutzrechte, wenn das geschützte Werk erstmals rechtmäßig in den Verkehr gebracht wird.

Welche Rechtsgebiete kennen den Erschöpfungsgrundsatz?

Der Erschöpfungsgrundsatz findet im Urheberrecht und im gewerblichen Rechtsschutz Anwendung.

Wann greift der Erschöpfungsgrundsatz im Urheberrecht?

Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) sieht unter § 17 eine Erschöpfung beim Verbreitungsrecht vor. Darüber hinaus wird der Erschöpfungsgrundsatz für Software und § 69c UrhG gesondert geregelt.

Erschöpfungsgrundsatz: Was hat es damit auf sich?

Der Erschöpfungsgrundsatz beim Urheberrecht beschränkt sich auf das Verbreitungsrecht.
Der Erschöpfungsgrundsatz beim Urheberrecht beschränkt sich auf das Verbreitungsrecht.

Juristen verstehen unter der Erschöpfung einen Rechtsgrundsatz, der im Immaterialgüterrecht Anwendung findet. Demnach „erschöpfen“ bzw. „verbrauchen“ sich einige Schutzrechte, wenn das geschützte Werk zum ersten Mal legal in den Verkehr gebracht wird.

Im Urheberrecht begrenzt sich der Erschöpfungsgrundsatz auf das Verbreitungsrecht. Dieses soll gewährleisten, dass ausschließlich der Urheber entscheidet, wann sein Werk oder Vervielfältigungen dieses verkauft bzw. zum Verkauf angeboten wird. Allerdings gilt dieses Schutzrecht nicht uneingeschränkt, denn unter § 17 Abs. 2 UrhG heißt es:

Sind das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden, so ist ihre Weiterverbreitung mit Ausnahme der Vermietung zulässig.

Demnach greift der Erschöpfungsgrundsatz, wenn das Werk in der EU rechtmäßig veräußert wurde. Doch wie zeigt sich dies in der Praxis also im Alltag? Am besten veranschaulichen lässt sich der Erschöpfungsgrundsatz durch ein Beispiel:

Frau Mustermann kauft sich in der Buchhandlung einen Roman. Dabei handelt es sich um die Vervielfältigung eines urheberrechtlich geschützten Sprachwerkes, welches rechtmäßig in den Verkehr gebracht wurde. Mit dem Kauf gehen die Nutzungsrechte und für eben dieses Exemplar auf Frau Mustermann über und das Verbreitungsrecht erschöpft sich. Nachdem sie das Buch durchgelesen hat, kann sie es daher, ohne das Einverständnis des Urhebers bzw. des Rechteinhabers einholen oder diese an möglichen Einnahmen beteiligen zu müssen, weiterverkaufen oder verschenken.

Für Computerprogramme sieht das UrhG besondere Bestimmungen vor. In diesem wird der Erschöpfungsgrundsatz für Software explizit bestätigt, sodass auch das Verbreitungsrecht für Computerprogramme nach einer rechtmäßigen Veräußerung beschränkt ist. Gemäß einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Juli 2012 (Az.: C-128/11) gilt der Grundsatz der Erschöpfung auch, wenn es sich um Downloads handelt. Ein Weiterverkauf der Software ist demnach gestattet, solange der ursprüngliche Käufer die existierende Kopie auf seinem Computer zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs entfernt. Erfolgt die Löschung nicht, stellt dies einen Verstoß gegen das Vervielfältigungsrecht dar.

Erschöpfung im gewerblichen Rechtsschutz

Was besagt das Gesetz zum Erschöpfungsgrundsatz im Markenrecht?
Was besagt das Gesetz zum Erschöpfungsgrundsatz im Markenrecht?

Nicht nur das Urheberrecht kennt den Erschöpfungsgrundsatz, sondern auch im gewerblichen Rechtsschutz findet dieser Anwendung. So soll sichergestellt werden, dass die Rechteinhaber den wirtschaftlichen Vorteil aus ihren Schutzrechten ziehen können. Gleichzeitig erhalten die Käufer der geschützten Werke die Möglichkeit, diese nach dem rechtmäßigen Erwerb frei zu nutzen.

Die gesetzlichen Vorgaben zum Erschöpfungsgrundsatz im Markenrecht ergeben sich aus § 24 Markengesetz (MarkenG). Unter Absatz 1 heißt es:

Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke oder dieser geschäftlichen Bezeichnung von ihm oder mit seiner Zustimmung im Inland, in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind.

Demnach können Markenrechtsinhaber nach dem Eintritt der Erschöpfung am konkreten Exemplar der Ware keinen Anspruch auf Auskunft, Schadensersatz und Unterlassung geltend machen. Ein Weiterverkauf ist demnach gestattet. Allerdings darf die Ware dafür weder verändert noch verschlechtert werden.

Eine wichtige Rolle spielt der Erschöpfungsgrundsatz auch im Patentrecht. Dort gilt: Wurde ein patentiertes Erzeugnis mit der Zustimmung des Patentinhabers veräußert, kann der Käufer über dieses frei verfügen und bestimmungsgemäß verwenden. Dabei beinhaltet ein bestimmungsgemäßer Gebrauch unter anderem die Erhaltung und Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit, wenn diese etwa durch Abnutzung, Verschleiß oder Beschädigung beeinträchtigt war.  

Erschöpfungsgrundsatz – kurz und kompakt

Beim geistigen Eigentum können sich bestimmte Schutzrechte an einem Werk nach dem rechtmäßigen Verkauf „verbrauchen“. Juristen sprechen in diesem Zusammenhang vom Erschöpfungsgrundsatz. Je nach Rechtsgebiet (Urheberrecht, Markenrecht, Patentrecht etc.) können die gesetzlichen Vorgaben variieren.  

Quellen und weiterführende Links

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Nicole P.

Bereits während ihres Studiums der Buchwissenschaft in Mainz entdeckte Nicole ihre Faszination für das Urheberrecht. Seit 2016 verstärkt sie die Redaktion von urheberrecht.de und bringt ihr Wissen zu Urheberrecht, Abmahnung und Gewerblichen Rechtsschutz ein.

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