EuGH zum Urheberrecht im Internet: YouTube muss keine IP-Adresse herausgeben

News von Norbert C.

Veröffentlichungsdatum: 20. Juli 2020

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Wie haften YouTube und Co. bei Urheberrechtsverstößen ihrer Nutzer und welche Pflichten haben sie? Mit diesen Fragen beschäftigen sich Gerichte immer wieder. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun kürzlich beschlossen, dass Videoplattformen weder IP- noch Mailadressen von Raubkopierern auf Verlangen des Rechteinhabers herausgeben müssen. Das Urteil stößt teilweise auf harte Kritik. Der Vorwurf: Der EuGH setze so das Urheberrecht im Internet außer Kraft.

Filme ohne Zustimmung hochgeladen: Nur Postadresse ist herauszugeben

Der EuGH zum Urheberrecht im Internet: Wozu sind Videoplattformen verpflichtet?
Der EuGH zum Urheberrecht im Internet: Wozu sind Videoplattformen verpflichtet?

Im konkreten Fall hatte die Firma Constantin Film gegen YouTube geklagt. Der Grund: Die Filme “Scary Movie” und “Parker” waren in voller Länge ohne Zustimmung auf der Videoplattform hochgeladen worden. Um wirksam gegen den Raubkopierer vorgehen zu können, wollte Constantin Film an Daten wie die IP- oder Mailadresse des Nutzers herankommen. YouTube sollte diese herausgeben.

Laut dem EuGH ist YouTube dazu jedoch nicht verpflichtet. So heißt es in einer eigenen Zusammenfassung des Urteils:

“Im Urteil […] hat der Gerichtshof entschieden, dass […] die Gerichte nicht verpflichtet [sind], im Zusammenhang mit dem Hochladen eines Films auf eine Online-Videoplattform ohne Zustimmung des Inhabers des Urheberrechts gegenüber dem Betreiber der Videoplattform anzuordnen, die E‑Mail-Adresse, die IP-Adresse oder die Telefonnummer des Nutzers bekannt zu geben, der den streitigen Film hochgeladen hat.”

EuGH, Zusammenfassung des Urteils C‑264/19

Vielmehr beschränke sich die Pflicht zur Herausgabe von Daten lediglich auf die Postadresse.

Verkennt der EuGH das Urheberrecht im Internet?

Die Kritik ließ jedenfalls hierzulande nicht lange auf sich warten. In einem am 18.07.2020 veröffentlichen Kommentar in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) spricht Redakteur Michael Hanfeld davon, dass der EuGH von “allen guten Geistern verlassen” sei. 

“Man fragt sich, in welcher analogen Steinzeit-Blase die […] Richter des Europäischen Gerichtshofs leben. Vom großen Geschäft mit der Ausplünderung von Urhebern haben sie offenbar noch nichts mitbekommen.”

FAZ-Redakteur Michael Hanfeld im Kommentar “Lizenz zum Plündern” (VÖ: 18.07.2020)

Diese harsche Kritik wird vor allen Dingen damit begründet, dass Plattformen wie YouTube regelmäßig gar keine Kenntnis von der Postadresse ihrer Nutzer haben. Die Wenigsten würde diese angeben. Die Besonderheiten im Internet verkenne der EuGH beim Urheberrecht also vollkommen, weswegen die Verfolgung von Raubkopierern auf Grundlage des Urteils ins Leere liefe.

Jedoch gab es auch Gegenkritik. Julia Reda, Netzpolitikerin und ehemaliges Mitglied im Europäischen Parlament, verurteilte den Kommentar der FAZ auf Twitter. Demnach sei es ein “elementarer Rechtsgrundsatz”, dass der EuGH die Bestimmungen des neuen Artikel 17 der Urheberrechtsrichtlinie nicht rückwirkend auf bereits getätigte Uploads anwende.

Der viel diskutierte Artikel 17 der neuen Urheberrechtsrichtlinie verschärft die Haftung von bspw. Videoplattformen und schreibt Ihnen die Kontrolle von Uploads vor. Jedoch ist in der Richtlinie ebenfalls festgehalten, dass von der Regelung keine Handlungen umfasst sind, die vor Juni 2021 abgeschlossen sind oder waren. Abgesehen davon ist die Neuregelung auch mangels nationaler Umsetzung noch nicht in Kraft getreten.

Bildnachweise: eigenes Bild

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Über den Autor

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Norbert C.

Norbert gehört seit 2021 zum Team von urheberrecht.de. Als Redakteur schreibt er Ratgeber zu Themen wie Abmahnung und Gewerblichem Rechtsschutz. Norbert hat einen Abschluss in Kunstwissenschaften und arbeitete zuvor in einem Architekturbüro.

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